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Schluss mit dem Schlossblick

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Heidelberg. Mitten in Heidelberg liegt das Gefängnis "Fauler Pelz", das einen exklusiven Blick auf das Schloss zu bieten hat. Doch noch in diesem Jahr soll das historische Gefängnis dichtgemacht werden. Von der Lage des Gefängnisses in Heidelbergs Altstadt träumt so manches Hotel. Doch schon am Eingang wird deutlich, warum das Land die Justizvollzugsanstalt so schnell wie möglich schließen möchte: Das denkmalgeschützte Haus mit seinen dicken Sandsteinmauern und einem "Neubau" aus dem Jahre 1910 ist trotz zweier Renovierungen seit der Inbetriebnahme 1848 heute nicht mehr zeitgemäß. Dabei gilt das Untersuchungsgefängnis - im Volksmund nur "Fauler Pelz" genannt - als eines der romantischsten bundesweit: Etwa die Hälfte der Zellen erlaubt einen unverbauten Blick auf das Heidelberger Schloss. Seinen Namen trägt das Gefängnis jedoch nicht, weil die Insassen hier so einen schönen Ausblick haben. Es gibt ihn als Begriff für das Grundstück schon seit dem Mittelalter - wie er entstand, ist nicht mehr überliefert. Nun hat die schöne Aussicht bald ein Ende: Bis zum Frühjahr werden alle männlichen Untersuchungshäftlinge in die Haftanstalt nach Mannheim verlegt. "Am 31. März gibt es hier außer den männlichen Vollzugsbediensteten keine Männer mehr", sagt Monika Thiem. Sie ist seit fast 30 Jahren Leiterin der Heidelberger Außenstelle der JVA Mannheim. Übrig bleiben 18 Frauen, für die es bislang noch keine Unterbringungsmöglichkeiten gibt. Über diese wachen neben Thiem dann nur noch wenige der bisher 38 Vollzugsbediensteten. Nach den Plänen des Justizministeriums sollen im Heidelberger Gefängnis Ende des Jahres komplett die Lichter ausgehen. Ein Sonderbau für die Frauen wurde in Mannheim bisher nicht errichtet. Reguläre Frauen-Gefängnisse in Schwäbisch Gmünd und Bühl haben keine weitere Aufnahmekapazität. "Für den Mannheimer Frauen-Erweiterungsbau haben wir bisher keine Freigabe", sagt der Leitende Baudirektor Bernd Müller von Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Zuerst müsse der Landtag einen Nachtragshaushalt verabschieden. Die in den vergangenen Jahrzehnten als Untersuchungsgefängnis genutzte Einrichtung beherbergte bisher weibliche und männliche Inhaftierte, was im Südwesten einmalig ist. Die Verantwortlichen stellte das immer wieder vor große Herausforderungen. "Frauen sind im Gefängnis allgemein schwieriger. Männer vertragen sich nach schlimmen Streitereien teilweise sofort wieder, Frauen nicht unbedingt", sagt Thiem. Was mit dem Gebäude nach der Schließung geschehen soll, ist noch unklar. Müller denkt zum Beispiel an Landeseinrichtungen, die Heidelberger Uni oder das Studentenwerk, das schon großes Interesse bekundet habe. Falls es keine staatliche Nutzung gibt, könnte die Immobilie mit ihren teuren Denkmalschutzauflagen, kleinen Zimmern und einem hohen Sanierungsaufwand ausgeschrieben werden. Von der Stadt heißt es: "Eine konkrete Aussage, was genau auf diesem Areal möglich sein wird, kann derzeit nicht gemacht werden." Die ersten Gefangenen waren nach der Eröffnung des Heidelberger Gefängnisses 1848 vor allem revolutionskritische Geistliche und regierungstreue Beamte. Zeitweise sprach die Bevölkerung deshalb nur vom "neuen Pfarrhaus". dpa

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