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Der Papst hat entschieden, er nimmt den Amtsverzicht des Limburger Bischofs an. Die "Causa Tebartz" war zuvor im Vatikan gründlich erörtert worden.
Es mag ein Zufall gewesen sein, dass der Papst bei der Generalaudienz gestern Vormittag im Vatikan seine Katechese ausgerechnet zum Wesen der Weihe wählte. "Ein Bischof, der sich nicht in den Dienst der Gemeinde stellt, ist kein guter Bischof", sagte Franziskus. Dann bat er die Gläubigen, für Priester und Bischöfe zu beten, "besonders für diejenigen, die in Schwierigkeiten sind und Mühe haben, die Frische ihrer Berufung wieder zu finden".
Die Worte des Papstes wirkten wie gemünzt auf den Fall des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst. Ein paar Stunden später gab der Vatikan bekannt: Tebartz-van Elst kehrt nicht in sein Bistum zurück. In der Diözese Limburg sei es zu einer Situation gekommen, "die eine fruchtbare Ausübung des bischöflichen Amtes" durch Tebartz-van Elst verhindere.
So war es in einer Mitteilung zu lesen, die das Presseamt des Heiligen Stuhls mittags veröffentlichte. Der scheidende Bischof werde zu gegebener Zeit mit einer neuen Aufgabe betraut werden.
Als Apostolischen Administrator, der die Diözese bis zur Berufung eines Nachfolgers führen soll, setzte der Papst den Paderborner Weihbischof Manfred Grothe (74) ein. Grothe leitete die Prüfungskommission, die seit dem vergangenen Herbst die Umstände der Finanzierung des Diözesanen Zentrums St. Nikolaus in Limburg untersuchte.
"Bewusst verschwiegen"
In dem Bericht, der gestern veröffentlich wurde, werden den Beteiligten des Baus, darunter auch dem Domkapitel, schwere Vorwürfe gemacht. Insbesondere Bischof Tebartz-van Elst hätte die Höhe der Baukosten unnötig in die Höhe getrieben und bewusst verschwiegen. "Die Ausgestaltung des Bauprojekts in der ihm eigenen Wertigkeit geht vorwiegend auf Wünsche und Aufträge des Bischofs zurück", heißt es in dem Bericht.
Tebartz-van Elst habe sich nicht um Einzelheiten der Finanzierung gekümmert, sondern sei Kostenfragen bewusst ausgewichen. Noch im Juni 2013 habe der Bischof die tatsächlichen Kosten von rund 31 Millionen Euro aus Angst vor einer negativen Reaktion der Öffentlichkeit bewusst verschwiegen. Auch dem päpstlichen Gesandten Giovanni Lajolo habe der Bischof im September 2013 falsche Zahlen genannt.
Der Bischof habe bei dem Bau "durchweg auf ein sehr anspruchsvolles Niveau geachtet". "Dabei ist jedoch eine notwendige Kostenkontrolle nicht im Blick", heißt es in dem 106 Seiten langen Bericht. Zu der Kostenexplosion hätten unter anderem die Wünsche des Bischofs geführt.
Konkret werden im Bericht folgende Posten genannt: "kostenintensive Vertiefung des Dombergs durch Abfräsen des Felsens um ca. 4 bis 4,5 Meter", "nachträglicher Austausch bereits installierter Lichtschalter in sensorengesteuerte Lichtschalter, Antiquitäten und Kunstwerke, Fischbecken, Mariengarten".
Ein Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Hamburg gegen Tebartz-van Elst wegen eidesstattlicher Falschaussage wurde gegen die Zahlung von 20 000 Euro eingestellt. Für Verwunderung sorgte in Rom die Formulierung in der Mitteilung, der Heilige Stuhl habe "den mit Datum vom 20. Oktober 2013 durch den Bischof angebotenen Amtsverzicht angenommen".
Aus Vatikan-Kreisen, die in der Affäre gut unterrichtet sind, verlautete gestern, dabei handelte es sich um den Versuch, Tebartz-van Elst einen würdigen Abgang zu verschaffen. Deutsche Bischöfe hatten noch im Februar ergebnislos versucht, Tebartz-van Elst zum Rücktritt zu bewegen. Vatikansprecher Federico Lombardi wollte sich zu dieser Frage nicht näher äußern, sagte dieser Zeitung aber, es hätte sich bei der Entscheidung um eine "ziemlich schwere Geburt" gehandelt.
Dass der umstrittene 54-jährige Bischof dem Papst schon vor fünf Monaten seinen Rücktritt angeboten haben soll, war bislang nicht bekannt. Nach dem Kirchenrecht werden Rücktrittsangebote eines Bischofs erst dann wirksam, wenn der Papst das Angebot annimmt.
Am 21. Oktober 2013 war Tebartz zu einer rund 20 Minuten dauernden Audienz bei Papst Franziskus, der ihn damals vorübergehend von seiner Aufgabe entband und bis zur Klärung der Vorwürfe beurlaubte. Tebartz-van Elst zog sich anschließend in die niederbayerische Benediktinerabtei Metten zurück, aus der er aber inzwischen wieder ausgezogen ist.
Wie die Zukunft von Tebartz-van Elst aussieht, ist derzeit noch unklar. Die Versetzung als Bischof in eine andere Diözese sowie eine Berufung nach Rom gelten im Vatikan als unwahrscheinlich. Vergangenen Donnerstag hatte die Bischofskongregation über den Fall beraten. Am Samstag sprach der Präfekt der Kongregation, Kardinal Marc Ouellet, bei Franziskus vor. Anfang dieser Woche war dann auch Tebartz-van Elst wieder in Rom.
Ausschlaggebend für die Entscheidung des Papstes war offenbar nicht nur der Bericht der Prüfungskommission, sondern auch das zerrüttete Verhältnis zwischen Gläubigen und Bischof in Limburg. In der Vatikan-Mitteilung hieß es außerdem, der Heilige Vater bitte den Klerus und die Gläubigen in Limburg, "die Entscheidung des Heiligen Stuhls bereitwillig anzunehmen und sich darum zu mühen, in ein Klima der Barmherzigkeit und Versöhnung zurückzufinden".
Positive Reaktionen
Die Entscheidung des Papstes wurde in deutschen Kirchenkreisen positiv aufgenommen. "Es ist gut, dass der Papst heute eine Entscheidung herbeigeführt hat", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Für das Bistum Limburg werde eine Zeit der Unsicherheit beendet und ein Aufbruch und Neubeginn möglich gemacht.
Der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper begrüßte die Entscheidung des Papstes und sagte dieser Zeitung: "Es ist gut, dass nun Ruhe einkehrt." Kurienkardinal Walter Brandmüller, der Tebartz-van Elst gegen die Anschuldigungen verteidigt hatte, sagte: "Ich glaube nicht, dass man dem Bischof die Rückkehr in sein Amt bei einer so massiven Feindschaft hätte aufbürden können."