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Hüngheim. 9.30 Uhr in der Lehar-Straße: Großeinsatz für die Bürgerhilfe Ravenstein. Vier Mann rücken mit schwerem Gerät an, um gut 60 Meter Buchenhecke zu schneiden. Auftraggeber ist das neue Mitglied der Selbsthilfegruppe, Walter Brecht.
Der Ravensteiner Ehrenbürger und langjährige Mitarbeiter der FN ist seit kurzem Mitglied der Bürgerhilfe. Er hätte schon früher mitgemacht, aber er wusste gar nichts von der im November 2011 gegründeten Einrichtung, erzählt er, überrascht vom Besuch der Presse.
Zum ersten Mal nimmt der 84-Jährige Hilfe beim Heckenschneiden in Anspruch: "Bis letztes Jahr habe ich das immer alleine gemacht". Angesichts der übermannshohen Hecke - eher ein Wald - eine Mammutaufgabe.
"Bis zum Mittag wollen wir fertig sein", sagt Hartmut Laser, Kopf der Bürgerhilfe, vielleicht etwas zu optimistisch. Denn so richtig schnell kommt die Gruppe nicht voran, zumal nun Beobachter dabei sind. Und: "Wir sind schließlich alle Laien." Als solche gehen sie sehr sorgfältig zur Sache. "Nicht so zaghaft", ruft Walter Brecht dazwischen. "Ich bin da immer viel mehr rangegangen", erzählt er der "Zeitung", und dabei ist Gelegenheit für Erinnerungen: Im Jahr 1957 sind Christa und Walter Brecht nach Oberwittstadt gekommen, und seitdem berichtete der Pädagoge aus Ravenstein - aus dem Gemeinderat ebenso wie von den Vereinen oder Firmen. Erst im letzten Jahr übergab er den Stift an Helmut Frodl. "Wir waren bei der Zeitung wie daheim", sagt Christa Brecht, und holt schnell einen Rechen, damit die Arbeit an der Hecke besser läuft.
Zwei bis drei solcher Einsätze macht die Bürgerhilfe in der Woche. Mal geht es darum, einen Computer zu installieren, mal helfen Mitglieder bei der Kinderbetreuung, mal beim Einkaufen. Das soll ausgebaut werden: Die Stadt prüft die Anschaffung eines Bürgerautos, so Laser, wobei vor allem Versicherungsfragen das Problem sind.
Die Bürgerhilfe packt einfach an, wo sie gebraucht wird. "Neulich habe ich in einem Haushalt Flaschen entsorgt, da wurde ein Massagestuhl angeliefert, den habe ich dann gleich mit aufgebaut", schmunzelt Laser.
Punkte aufs Konto
72 Mitglieder hat die Bürgerhilfe inzwischen, es könnten mehr sein, findet auch Helfer Herbert Schuh: "Vor allem Ältere brauchen uns. Aber viele genieren sich einfach, uns anzusprechen. Dabei ist es doch keine Schande, alt zu werden".
Zahlen muss Walter Brecht für den Einsatz an der Hecke nichts: Den vier Männern Hartmut Laser, Rudi Dittmar, Helmut Hornung und Herbert Schuh werden Punkte auf ihr Konto gut geschrieben - einer pro angefangene halbe Stunde. Diese Punkte können die Männer, wenn sie selbst einmal Hilfe brauchen, wieder einlösen.
Gemeinschaft profitiert
Was könnte also Walter Brecht als Gegenleistung tun? "Zum Flohmarkt könnten wir Kuchenspenden gebrauchen", meint Laser, und die Sache ist abgemacht: Christa Brecht könnte backen, das gibt Punkte auf dem Konto der Brechts. So hat jeder etwas von der gegenseitigen Hilfe, und das Miteinander in den Stadtteilen profitiert darüber hinaus.
Wichtig ist, so Hartmut Laser, dass die Bürgerhilfe mit ihren Einsätzen keinem gewerblichen Betrieb die Arbeit wegnimmt. So können zum Beispiel nicht auf Dauer Gehwege gefegt werden. Es sind vielmehr die kleinen, nachbarschaftlichen Hilfen, mit denen man sich gegenseitig unterstützen möchte.
Auch Bürgermeister Hans-Peter von Thenen ist auf Nachfrage der FN voll des Lobes: "Ohne die Bürgerhilfe wären wir um einiges ärmer im Miteinander. Die sind immer da, wenn es brennt. Man muss sie nur ansprechend, dann helfen sie gleich."