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Merkel: Beim Klimaschutz muss die Welt jetzt Farbe bekennen

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Beim Klimaschutz ist Deutschland nicht mehr ganz so weltmeisterlich - die Ausstöße stiegen zuletzt sogar. Nun will die Bundeskanzlerin helfen, damit es noch was wird mit dem Weltklimavertrag 2015. Mit dem ökologischen Fußabdruck einer Kanzlerin ist das so eine Sache. Ohne Reisen geht es nicht. Und ein WM-Finale ist wohl quasi ein Pflichttermin. Der Trip Berlin-Rio-Berlin (20 000 Kilometer) macht für Angela Merkel einen CO2-Ausstoß von 17 320 Kilogramm aus. Zum Vergleich: Ein Jahr Autofahren mit einem Mittelklassewagen verursacht laut dem Portal Atmosfair 2000 Kilo CO2, der Pro-Kopf-Ausstoß eines Inders liegt bei 1400 Kilogramm. Sollte Merkel besser die Klimakanzlerin spielen und auf die schönen Bilder mit "Jogis Weltmeister-Jungs" verzichten? Letztlich kennt fast jeder ein solches Dilemma aus seinem Alltag. Wie stark würde der Verzicht auf eine Flugreise oder das Autofahren den Komfort einschränken? Was muss der Einzelne geben, damit die Erde sich nicht um über zwei Grad erwärmt und Inselstaaten sowie Küstenregionen der Untergang droht? Am Tag nach dem Endspiel beginnt in Berlin der zweitägige Petersberger Klimadialog. Es ist Merkels erster Termin nach der Rückkehr aus Rio, ihr Vorreiterruf hat zuletzt gelitten. Im Gepäck hat sie nun aber eine deutliche Botschaft. Sie sagt 750 Millionen Euro als deutschen Beitrag zum sogenannten grünen Klimafonds zu, der gerade ärmeren Ländern beim Ausbau etwa von Solar- und Windenergie helfen soll. Der bisher aber leer ist. Historische Pflicht Für die Kanzlerin ist es eine historische Pflicht, dass die Länder, die den Großteil der Treibhausgase verursacht haben, in Vorlage treten. Sie appelliert an andere Staaten, auch großzügig zu sein. Zum fünften Mal findet das nach dem Debakel der Klimakonferenz von Kopenhagen begründete Forum mit Vertretern aus rund 35 Staaten statt. Und alle attestieren neue Bewegung. Ziel ist es, den Weg zu bereiten zum Weltklimavertrag 2015. Aber sowohl in Sachen Finanzierung des Klimaschutzes als auch bei den nationalen CO2-Minderungszielen wird derzeit gepokert. "Nicht das Motto ,Wer sich zuerst bewegt, hat verloren', darf die Verhandlungen bestimmen", kritisiert Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Merkel wird noch deutlicher: "Jetzt muss die Welt Farbe bekennen." Jede Verzögerung werde zu noch höheren Kosten führen. Das Forum ist wichtiger Gradmesser, ob der große Wurf bis 2015 zum UN-Klimagipfel in Paris gelingt. Es ist wohl die letzte Chance, dass sich die 194 am Klimaprozess beteiligten Staaten auf verpflichtende Minderungsziele einigen. Bis März 2015 soll jeder Staat seine Reduktionszusagen einreichen, damit nicht wie in Kopenhagen 2009 auch beim Gipfel in Paris ein riesiger Zahlenbasar eröffnet wird. Daher gilt es jetzt Druck aufzubauen. Ähnlich wie 2007 - unvergessen die Bilder in roter Jacke vor grönländischen Eisbergen - will Merkel den Kampf gegen den Klimawandel bei der deutschen G7-Präsidentschaft in den Fokus rücken. Aber selbst Deutschland droht - auch wegen einer gestiegenen Kohlestromproduktion - sein Ziel von minus 40 Prozent bis 2020 (im Vergleich zu 1990) zu verfehlen. Derzeit läuft es auf 33 Prozent hinaus - trotz der Ökostrom-Förderung. 85 Millionen Tonnen CO2 müssen noch zusätzlich eingespart werden. "Einer Kohlekanzlerin fehlt jede Glaubwürdigkeit bei den Verhandlungen", sagt Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Er sieht eine eklatante Lücke zwischen rhetorischem Anspruch und Realität. Trotz des zähen Klimaverhandlungsprozesses und einer zuletzt eher bremsenden EU gibt es neue Hoffnung. Die größten Klimasünder - China und die USA - bewegen sich. Zumindest auf nationaler Ebene. China kopiert das Modell des Handels mit Verschmutzungsrechten. Er hoffe, im ersten Halbjahr 2015 ankündigen zu können, wie der konkrete Beitrag seines Landes für den Weltklimavertrag aussehe, sagte Chinas Klimaminister Xie Zhenhua beim Petersberger Klimadialog. Peking wolle zudem den Ökoenergie-Anteil bis 2020 auf 15 Prozent steigern und den Waldbestand erhöhen. Um den CO2-Ausstoß zu senken, will man zudem 29 weitere Atomreaktoren bauen - der deutsche Energiewendeweg bleibt bisher eher ein Sonderweg. "Nicht mehr zukunftsfähig" US-Präsident Barack Obama wiederum will die Emissionen von Kohlekraftwerken bis 2030 um 30 Prozent gegenüber 2005 reduzieren. "Er hat mit seinen Ankündigungen unterstrichen, dass die Verbrennung von Kohle nicht mehr zukunftsfähig ist", lobt der Leiter Internationale Klimapolitik bei Greenpeace, Martin Kaiser. Und Chinas Regierung habe noch vor fünf Jahren auf ihrem Recht zur Verschmutzung der Atmosphäre bestanden. "Inzwischen haben sechs wichtige Provinzen die Emissionen von Kohlekraftwerken gedeckelt", betont Kaiser.

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