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Wiesbaden. Hessen ist schon oft Experimentierfeld für neue politische Konstellationen gewesen. Nun soll das Bundesland in der Mitte Deutschlands erneut Vorreiter werden- für die erste schwarz-grüne Koalition in einem Flächenland.
Für die Union im Bund würde ein gelungenes Experiment mit den Grünen in Hessen mittel- bis langfristig bedeuten, dass sie eine neue strategische Option gewinnt. Kurzfristig käme aus Wiesbaden auch ein starkes Signal, falls die Berliner Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD noch scheitern sollten - etwa am Mitgliedervotum der SPD - und die Union die Grünen wieder als möglichen Partner ins Spiel bringen wollte.
Hessens CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier hätte auch auf die SPD als Partner setzen können. Für das Land wäre dies fast eine neue Idee gewesen - die letzte Große Koalition regierte bis 1950. Doch seitdem trennte eine ideologische Kluft die eher linke hessische SPD und die konservative CDU.
Hessen ist eines der Bundesländer, in denen die Grünen groß geworden sind. Der Kampf gegen die Startbahn West und das Kernkraftwerk Biblis waren die Themen, als der Landesverband 1979 gegründet wurde. 1982 zogen die hessischen Grünen erstmals in den Landtag ein, nur mitregieren wollten sie nicht.
1985 führte Ober-Realo Joschka Fischer dann seine Partei in die erste rot-grüne Koalition in Deutschland. Zwar entließ SPD-Ministerpräsident Holger Börner seinen Turnschuh-Minister schon nach 14 Monaten wieder. Doch von 1991 bis 1999 regierte Rot-Grün in Hessen stabil und bereitete den Boden für eine Koalition mit gleichen Farben im Bund.
Erneut zum Experimentierfeld wurde Hessen 2008, als CDU-Ministerpräsident Roland Koch seine Mehrheit verlor und SPD, Grüne und Linkspartei die meisten Stimmen erhielten. Erstmals musste die SPD entscheiden, ob sie die rechnerisch vorhandene Mehrheit mit der ungeliebten linken Konkurrenz nutzt. Die damalige SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti unternahm den Versuch und scheiterte spektakulär. Vier Abgeordnete vom rechten SPD-Flügel zogen nicht mit.
Bislang tiefe Kluft
Anschließend hat zwar Hannelore Kraft (SPD) in Nordrhein-Westfalen vorgemacht, wie man mit Hilfe der Linken an die Regierung kommt. Doch die Erinnerung an das Ypsilanti-Debakel hat ihren Nachfolger Thorsten Schäfer-Gümbel davon abgehalten, ein zahlenmäßig mögliches Bündnis mit Grünen und Linken anzupeilen.
Auch zwischen CDU und Grünen in Hessen herrschte bislang eine tiefe Kluft - vor allem auf Landesebene. Wechselseitiges Vertrauen konnten die Parteien aber in den Kommunen aufbauen. Frankfurt, Darmstadt, aber auch der Kreis Marburg-Biedenkopf werden von Schwarz und Grün gemeinsam regiert.