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Bad Mergentheim. Deutschland braucht die parlamentarische Demokratie und dazu integre Politiker. In seinem Gastvortrag beim Bad Mergentheimer Neujahrsempfang machte Professor Dr. Udo Steiner das rhetorisch fulminant deutlich.
"Wie geht es unserem Staat?" fragte der Jurist und ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht in seinem kompetenten, geistreichen und unterhaltenden Gastvortrag. "Unser Land ist in guter Verfassung als Rechtsstaat, Sozialstaat und als Kulturstaat", stellte er fest. Zugleich sei Deutschland aber als "Bundesstaat mit Perfektion" eines der kompliziertesten Staatswesen der Welt, es gebe sieben Rechtsstufen von der Kommunalpolitik bis zur europäischen Ebene.
Man muss sich nicht schämen
"Für den deutschen Sozialstaat muss man sich nicht schämen", führte der Redner aus, denn "er kennt zwar Härten, aber keine Grausamkeit". Das Rentenniveau werde sinken, denn die Lebenserwartung steige weiter, zudem habe Deutschland die älteste Bevölkerung in der Europäischen Union. Der Grund sei, dass es "zu wenig Menschen gibt, die bereit sind, die Verantwortung für die nächste Generation zu übernehmen". So seien künftig erhebliche Steuermittel für die Finanzierung der Rentenversicherung nötig. Doch das Sozialrecht sei ein "staatstragendes Recht" und deshalb müsse man auch gegen den Missbrauch des Sozialstaates sein. Damit, betonte Professor Dr. Udo Steiner, wolle er aber nicht der CSU das Wort reden - das sei seine eigene Überzeugung.
Die Unterschiede in der Steuerkraft der Länder seien "spektakulär", ein Zusammenschluss von Ländern allerdings kaum zu erwarten, denn es brauche dazu Volksabstimmungen und die würden wohl negativ ausgehen.
Bei Volksentscheiden sei in Deutschland derzeit Bayern der Vorreiter, doch mehr Macht für das Staatsvolk durch direkte Demokratie werde auch in Baden-Württemberg angestrebt. Das habe Grenzen und die Fülle der Volksentscheide in den USA, vor allem in Kalifornien, sei kein Vorbild. Für Volksentscheide auf Bundesebene gebe es die längst bekannten Pro- und Contra-Argumente.
Die meisten Fragestellungen seien sehr komplex und daher "sei da das Parlament zuständiger als das Staatsvolk". An einer Schwächung der parlamentarischen Demokratie könne man nicht wirklich interessiert sein. "Besser eine schwächelnde Demokratie als eine kerngesunde Diktatur!".
Nicht der bessere Gesetzgeber
Karlsruhe sei auch nicht der bessere Gesetzgeber - die Verfassungsrichter könnten sich nur für Einzelfragen viel mehr Zeit nehmen als der Bundestag. Das Bundesverfassungsgericht könne so "allenfalls Kopilot des Gesetzgebers sein". Die Menschen im Land wünschten sich allerdings mehr Integrität derer, die politisch handelten.
Bei der Bewältigung der Zukunft setze er, so der Referent, auf die Anpassungsfähigkeit der Städte und Gemeinden. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg seien es die Bürgermeister gewesen, die als erste wieder politische Verantwortung übernommen hätten.
"Ich bin sicher, dass Bad Mergentheim seine Probleme lösen wird und dazu wünsche ich Ihnen zu Beginn des Jahres 2014 alles Gute".
Zum Abschluss der Interessanten Veranstaltung trugen sich Professor Dr. Udo Steiner und die württembergische Weinkönigin Theresa Olkus in das goldene Buch der Stadt Bad Mergentheim ein.