![]()
Ab Montag muss sich Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung vor Gericht ver- antworten. Für den Präsidenten des FC Bayern München geht es wahrscheinlich um Bewährung oder Gefängnis.
Selbst altgediente Steuerfahnder verweigern Spekulationen um Un- oder Wirksamkeit der Selbstanzeige von Uli Hoeneß. Solche Antworten seien nur mit Kenntnis der Aktenlage möglich, sagen auch die, denen keine Feinheiten der Steuerhinterziehung fremd sind. Was die Öffentlichkeit wenige Tage vor Beginn des wohl interessantesten Steuerstrafprozesses, den Deutschland je erlebt hat, nicht daran hindert, laut über Straffreiheit, Haftstrafe mit oder ohne Bewährung oder wenigstens die Chance auf Strafminderung durch eine verunglückte Selbstanzeige nachzudenken.
Fakt ist: Ab Montag muss sich Hoeneß vor der 5. Strafkammer des Landesgerichts München II voraussichtlich vier Tage lang wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung verantworten. Die Tat als solche hatte er bereits im Frühjahr 2013 öffentlich gemacht - nicht aber die Summen, um die es geht. Nachdem das Nachrichtenmagazin "Focus" Details aus der Anklage nennt, muss davon ausgegangen werden, dass es sich um einen schweren Fall der Steuerhinterziehung handelt. 3,5 Millionen Euro soll Hoeneß dem deutschen Fiskus vorenthalten haben, über 30 Millionen Euro steuerpflichtiger Einnahmen aus Börsenspekulationen soll der Unternehmer und Vereinspräsident auf einem Konto der Schweizer Bank Vontobel dem Zugriff der Finanzverwaltung entzogen haben.
Bei solchen Größenordnungen kommt ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs ins Spiel, dessen Tenor Hoeneß in den vergangenen Monaten möglicherweise schlaflose Nächte beschert hat. Ab einer Million Euro hinterzogener Steuern, urteilte Karlsruhe vor gut zwei Jahren, heißt es: ab in den Knast! Richter, die bei solchen Größenordnungen noch Milde walten lassen und die Haftstrafe zur Bewährung aussetzen, müssen für eine solche Ausnahme gute Gründe ins Feld führen.
Opfer des geplatzten Abkommens
Was nahtlos zum Instrument der Selbstanzeige, dem sicher spannendsten Thema der Hoeneß'schen Steuerhinterziehung, überleitet. Die Selbstanzeige bewahrt, wenn sie rechtzeitig, umfassend und ehrlich gestellt wird, jeden Steuerhinterzieher vor Strafverfolgung - egal, um welche Summen es geht. Uli Hoeneß hat sich selbst angezeigt, aber offenbar ist die Staatsanwaltschaft nicht gewillt, diese Selbstanzeige als strafbefreiend gelten zu lassen.
Vor Gericht werden Hoeneß und seine Anwälte erbittert um die Wirksamkeit der Selbstanzeige kämpfen. Sollte das missglücken, wird die Verteidigung wohl versuchen, den Schritt ihres Mandanten als Ausnahme von der BGH-Regel zu definieren, um Hoeneßüber eine Strafminderung vor der Gefängniszelle zu bewahren. In früheren Jahren werteten Gerichte sogenannte "verunglückte Selbstanzeigen" durchaus als strafmildernd. Ob der Vorsitzende Richter Rupert Heindl, der vier Steuerfahnder als Zeugen hört, dieser Rechtspraxis folgt, wird über Wohl und Wehe der Zukunft des Bayernpräsidenten entscheiden.
Wie Alice Schwarzer und viele andere Kapitalflüchtlinge ist auch Uli Hoeneß ein "Opfer" des geplatzten Steuerabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz. Sie alle hatten gehofft, mit dem Abkommen, das ihnen Anonymität garantiert hätte, ihr in der Schweiz verstecktes Vermögen legalisieren zu können. Sie hätten gezahlt, ihre Identität aber nicht preisgeben müssen. Als die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat Ende 2012 das Abkommen zu Fall brachte, suchten nicht wenige Kapitalflüchtlinge ihr Heil in einer Selbstanzeige.
Merkel war "enttäuscht"
Mit Blick auf die große Mehrheit derer, die in den vergangenen Monaten auch ohne Steuerabkommen straffrei ausgingen und anonym blieben, ist der Groll von Uli Hoeneß auf den Medienhype, der seit dem 20. April 2013 um seien Fall tobt, verständlich. Bis zum Prozess hat auch der Fußballmanager ein Anrecht darauf, dass alle Fakten, die mit seinem Besteuerungsverfahren zusammenhängen, innerhalb der Finanzverwaltung und deren Amtsträger bleiben. Dieses Grundprinzip des Steuerrechts ist mitnichten ein Gewohnheitsrecht, sondern gesetzlich verbrieft. Das Steuergeheimnis des Paragrafen 30 der Abgabenordnung fällt indes mit Beginn des Strafverfahrens weg, weshalb sich der Bayern-Patron vor Gericht bis ins kleinste Detail offenbaren muss - so diese Details der Wahrheitsfindung dienen.
Dem Präsidenten des derzeit mit Abstand erfolgreichsten Bundesligavereins schlugen in der Steueraffäre seine früheren Moralpredigten hart ins Genick. Die Bundeskanzlerin zeigte sich "enttäuscht", Medien forderten seinen Rücktritt als Präsident und Aufsichtsrat des FC Bayern München, Verein und Kontrollgremium indes stellten sich hinter ihn.
Gleiches Thema, neuer Name: Am letzten Verhandlungstag in Sachen Uli Hoeneß beginnt am Landgericht München II bereits der nächste Steuerstrafprozess - dann gegen den bekannten Wiesn-Wirt Josef Georg Krätz.